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Exotische Vornamen: Je ausgefallener, desto besser?

© iStock, ake1150sb

Nicht nur verschiedene Moden, auch die Namensgebung unterliegt heftigen Trends mit oft jeweils kurzer Lebensdauer. Hier wie da haben die besonders ausgefallenen Varianten den Vorteil, flexibel gedeutet zu werden.

Je ausgefallener, desto besser?

Dass Eltern ihre Kinder für außergewöhnlich und einzigartig halten, versteht sich von selbst. Manchmal geben sie den Kleinen dann auch ebensolche Namen. Doch die Zahl der Mädchen und Jungen, die Arwen, Winnetou, Anakin oder Calimero heißen, ist in Deutschland verschwindend gering. Meist erregt so ein ausgefallener Name erst dann Aufmerksamkeit, wenn er vor einem Gericht erstritten werden muss.

Denn viele Standesämter lehnen aus Weitsicht und zum Schutz des Kindes allzu exotische Namen ab. Gerne wird in diesem Zusammenhang das Beispiel Pumuckl herangezogen. Nur weil 1983 ein Elternpaar diesen Namen für seinen Sohn vor Gericht durchsetzen konnte heißt das nicht, dass in Deutschland zig Pumuckls herumlaufen. Im Gegenteil: Der Junge blieb seitdem der Einzige und war sich des Spotts von Mitschülern und Kollegen sicher.

Die große Exotik

Als Kulturphänomen sind die Vornamen doch relativ eigentümlich: Sie sollen für ein komplettes Leben halten und folgen doch immer wieder Moden, die ebenso kurzlebig sind wie die Höhe der Absätze, die Länge der Röcke, der Schnitt von Sommerkleidchen oder die Farbe von Latzhosen – dabei ist von der Latzhose als solche gar nicht zu reden, weil sie nach einer kurzen, aber besonders hitzigen Blüte fix verschwand und dem Vernehmen nach irgendwo auf ihre Reinkarnation wartet. So muss man für ebenso aktuelle wie exotische Vornamen à la Marie Joana – gesprochen Marihuana, Margaery - nach einer Figur aus Game of Thrones, Cassius-Clay Mohamed-Ali – nach dem Boxchamp Cassius Clay (später: Muhammad Ali) oder einfach nur Nayla Alessandra doch hoffen und wünschen, das sich diese Vornamen nicht als die Latzhosen unter den Vornamen herauskristallisieren.

Im Verein mit vielen anderen exotischen Vornamen wären die genannten Beispiele zwar größtenteils Unikate, würden die Geburt ihrer Träger aber unverrückbar auf die ersten zwei Dekaden des 21. Jahrhunderts verorten, als in Deutschland die große Mode der ganz besonderen und exotischen Vornamen grassierte.

Banal versus exotisch

Standesbeamte können da ein Liedlein singen: Sie leiden unter einer fortschreitenden Liberalisierung der Rechtsprechung, denn ab welchem Punkt die kindliche Psyche beschädigt wird, ist schwer festzumachen. Sicher, im Verein mit den Nachnamen liegen wohl bei Axel Schweiß oder auch bei der viel zitierten Rosa Schlüpfer emotionale und reale Grenzen der Toleranz.

Es ist auch anzunehmen, dass ein banaler Schorschi als – sagen wir mal – Staatsanwalt oder Bundespräsident nicht so recht ernst genommen wird. Oder Kanzlerin Nayla Alessandra?

"Banale Vornamen" wie etwa Anna, der mit hebräisch "Gnade" lediglich eine einzige und nicht verhandelbare Bedeutung hat, kann man sich bei Nayla Alessandra schon über die Ursprungssprache das Gehirn zermartern:

Ist sie Hawaiianisch ein "Mädel aus dem Paradies" oder Arabisch "die Erfüllung"? Oder ist der Ursprung doch eher Indianisch, wenn Krieger vom Volksstamm der Lakota im Tipi "Ich liebe Dich" auf diese Weise sagen?

Je nach aktueller Lebenslage wird die Dame namens Nayla in nicht allzu ferner Zukunft flexibel mit ihrem Vornamen operieren können – auch wenn sie mit ihrem Geburtsjahr wohl nur schwerlich flunkern kann.

Kann sie sich dann durch eine Heirat noch einen schönen Doppelnamen zulegen, steht einer Karriere als wahlweise grüne oder freidemokratische Politikerin, als morgendliche Fernsehmoderatorin oder lebenslustige Tennissportlerin rein gar nichts mehr im Weg.

Einfach nur Silke?

Mit Tanja oder mit Silke verhält es sich vollkommen anders. Bei beiden handelt es sich um gern genommene Mädchennamen schon lange vergangener Zeiten. Niemals wäre Tanja grüne oder freidemokratische Politikerin geworden und auch Silkes erotische Strahlkraft hielt sich im Allgemeinen in fest umrissenen Grenzen.

Deshalb ist es womöglich ungerecht, prominente Eltern zu kritisieren, die ihren Kindern exotische Vornamen verleihen und sich uns zur gleichen Zeit mittels ihrer hart erkämpften Medienpräsenz stets und ständig aufdrängen. Denn in Bezug auf die exotischen Vornamen stehen sie doch stellvertretend für die breite Masse aller hippen, originalitätswütigen Eltern.

Chantalismus & Kevinismus 

Doch allzu exotisch muss es gar nicht sein, um aufzufallen. Vor allem bei  Namen aus dem angloamerikanischen und französischen Sprachraum sollten Eltern Vorsicht walten lassen. Satirische Abhandlungen über Kevinismus bwz. Chantalismus finden sich in den Medien zuhauf.

Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass etwas wahres dran ist, wenn Jungen mit Namen Kevin, Justin, Dustin oder Jason und Mädchen mit Namen wie Chantal, Jacqueline, Samantha oder Britney eher den sogenannten bildungsfernen Bevölkerungsschichten zugeordnet werden.

In Schule oder Beruf haben Kinder mit diesen Namen oft mit Vorurteilen zu kämpfen, während Anna, Christian, Marie oder Lukas einfacher durchs Leben gehen. Statistiken zeigen, dass diese „einfachen“ Namen in Akademikerhaushalten häufiger vertreten sind als in Arbeiterfamilien. Neben den nahezu stigmatisierenden Einteilungen in „Kevin ist blöd, Anna ist intelligent“ kommt folgende Problematik bei ausländischen Namen hinzu: die oft schwierige Aussprache bzw. Schreibweise. Eine Jacqueline oder ein Marcel hat in Frankreich einfach einen klangvolleren Namen als z. B. im Ruhrgebiet.

Die überspitzte Darstellung im Kabarettprogramm von Ruhrpott-Opa Herbert Knebel, der mit Enkeln namens "Jacke-line" bzw. "Marzll" gesegnet ist, hat durchaus ihren wahren Kern.

Exotische Ausprache von Vornamen

Ein Blick in die Kommentar-Einträge auf Vorname.com zeigt, dass viele Jugendliche mit ausländischen Vornamen sich darüber beschweren, dass die Menschen ihren Namen falsch aussprechen bzw. sie ihn regelmäßig buchstabieren müssen – und sie gerne einen anderen, einfacheren Vornamen hätten.

Hier noch ein paar Beispiele, bei denen Eltern sich überlegen sollten,
ob dies geeignete Namen für den Nachwuchs sind:

  • Jannick (nur den Eltern ist klar, dass es sich dabei um einen Zusammensetzung aus Jan und Nick handelt; allerdings sind auch die Schreibweisen Janik, Janick, Janic, Yanik, Yanick, Yannick, Yannic möglich);
  • Jeanette (oder Janet oder Jeannette),
  • Ethan (im Englischen „Iiithan“ mit dem für Deutsche problematischen „ti eitsch“ gesprochen; in der eingedeutschen Version „Eeetan“ eher unschön),
  • Savannah (würden Sie ihr Kind auf Deutsch Einöde nennen?)
  • Dakota (gibt es jemand in den USA, der sein Kind auf den Namen Nordrhein-Westfalen tauft?).

Aussprache und Schreibweise sind das eine, die Bedeutung eines Namens das andere. Dass Anna oder Lukas aus der Bibel kommen und die Begnadete bzw. der Helle bedeuten, lässt sich nachvollziehen.

Doch was ist mit Vornamen aus einem anderen Kulturkreis?

Vielleicht hätte das Promi-Paar Tom Cruise und Katie Holmes bei der Namenssuche für ihre Tochter Suri besser nachforschen sollen: denn im Indischen gibt es zwar für den Namen „Surina“ die Übersetzung „die Göttin“, im Japanischen bedeutet „Suri“ allerdings „Taschendieb“! Darum: Augen auf bei der Namenswahl.

Und mal ehrlich, liebe Eltern: Beteuerungen wie „Wir haben noch nie etwas Negatives über den Vornamen unseres Kindes gehört“ sind zwar an der Tagesordnung, wenn Kinder Janine-Tabatha oder Maddox-Jefferson heißen.

Aber ebenso wie kein Verwandter oder Bekannter beim Ablick eines Neugeboren jemals sagen würde „Der ist aber hässlich“ wird es aus der näheren Umgebung nur selten offene Kritik am Vornamen geben.


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